Am Abend der neunten Kurseinheit fühlte ich mich irgendwie ausgelaugt. Das kann daran gelegen haben, dass ich seit neuestem an drei Tagen in der Woche um sechs Uhr morgens aufstand, um Joggen zu gehen. Oder es lag daran, dass weder meine Kondition noch mein Biorhythmus dieses Spiel mitspielen wollten. Und meine Laune schon gar nicht.
Ich sah den Zahlen unseres Digitalweckers beim Wandern zu und sank tiefer in die Kissen. Draußen war es grau, windig und nass. Den ganzen Tag hatte es geregnet und gestürmt, daher hatte ich wenig Lust, mich aus der warmen Decke zu schälen und die Couch zu verlassen.
Meine Faulheit steckte den Kopf durch die Wohnzimmertür. „Na? Müde?“
„Nein, geht schon“, sagte ich, machte jedoch keine Anstalten, mich von der Stelle zu bewegen. „Ich geh gleich los.“
Die Faulheit grinste und setzte sich auf die Couchkante. „Vielleicht solltest du dir einen Kakao machen und das Buch weiterlesen. Ist doch gerade so spannend. Und du hast doch heute schon so viel gemacht.“
Müde fuhr ich mir über die Augen und nickte. „Stimmt. Und ich bin wirklich müde. Ich kann ja das nächste Mal wieder hingehen, ich habe schließlich noch nie gefehlt.“
Das Gesicht der Faulheit wurde weich, als sie säuselte: „Genau, lehn dich zurück, du hast es dir verdient. Komm, ich rück dir die Kissen zurecht. Draußen ist es eklig nass und kalt, aber hier ist es schön warm und ruhig.“
Aus dem Augenwinkel sah ich, dass der stumme Vorwurf sich ebenfalls ins Zimmer geschlichen hatte. Seinem Namen entsprechend sagte er nichts, sondern sah mich nur mit zusammengepressten Lippen an. Ich versuchte ihn zu ignorieren und griff nach dem Buch, das mir die Faulheit reichte. Als ich es aufschlug, sah der stumme Vorwurf missbilligend aus. Wenn er nicht mit dem Starren aufhörte, würde ich mich kaum auf das Lesen konzentrieren können. Lies den Rest dieses Beitrags